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Texte

Mobirise

Gabriele Uelsberg: Die Lichtfängerin

Thomas Hirsch: In einem Pinselstrich

Michael Fehr: Malerei als Suche nach der Farbe

Freddie Michael Soethout: Licht durch Farbe

Maria Engels: Farbe, Raum und Licht

Freddie Michael Soethout: Grenzziehung im Leeren

Art.Salon: Interview

Mobirise



Sybille Pattscheck

Die Lichtfängerin


in: Katalog „In der Farblichtgleiche“, hrsg. von Galerie Bernd Bentler, Bonn, 2021


Sybille Pattscheck ist Malerin, daran besteht kein Zweifel. Aber die Ergebnisse ihrer künstlerischen Arbeiten sind mehr als Gemälde oder Tafelbilder, es sind Bildobjekte, genauer plastische Farbkörper, die den Raum neu definieren und Farbe und Licht einfangen wie in einem Schmetterlingsköcher. Diese besondere Eigenschaft der gestalterischen Arbeiten entwickelt sich aus der Interaktion zwischen den Malmitteln, die die Künstlerin verwendet, und
den Materialien, auf denen die Malerei stattfindet.

Sybille Pattscheck malt mit der ungewöhnlichen Kombination von Wachs, Pigmenten und Glas, die sich zu dreidimensionalen, wenngleich flachen Raumkörpern zusammenfügen. Dabei zeigt sich in dem Zusammenspiel dieser Stoffe, dass sie sich in ihrer Transparenz ähneln, wenngleich sie in ihrer Dichtigkeit und ihrer Festigkeit absolut unterschiedlich sind. Das weiche anschmiegsame Wachs von milchig-trüber Transparenz, das flüchtige, staubige Pigment und das kristallklare, feste Glas werden von der Künstlerin zu plastischen Lichtkörpern verbunden, die – einmal beendet – zu Energiespeichern mutieren.

Der Versuch einer Beschreibung dieser Arbeiten mag beginnen mit der Betrachtung der angewandten Technik. Die Künstlerin baut aus Glas oder Acrylglas einen flachen, dreidimensionalen, kastenartigen Bildträger, von der Funktion her einem Keilrahmen verwandt, auf den sie Pigment in Wachs gelöst mit breitem Pinselstrich aufträgt. Sie verwendet also die älteste Maltechnik der Enkaustik, die schon in der Antike verwandt wurde und viel älter ist als die Ölmalerei. Erhalten geblieben sind die berühmten ägyptischen Mumienporträts, die noch heute eine einmalige Leuchtkraft und Frische zeigen.

Das Interesse der frühen Neuzeit an antiker Kunst und antiken Kulturen weckte die Aufmerksamkeit der Künstler für diese lang vergessene Maltechnik neu. Man versuchte, aus den wenigen erhaltenen literarischen Quellen das Geheimnis der Wachstechnik zu rekonstruieren. Nach einer alten Rezeptur soll das Wachs im Meerwasser gekocht und anschließend der Einwirkung von Sonne und Mond ausgesetzt worden sein. Durch das Auskochen des Bienenwachses in Salzwasser wird das Wachs von nahezu allen im natürlichen Bienenwachs enthaltenen Verunreinigungen befreit, wodurch es härter, aber auch spröder wird. Dieser Entzug nichtwächserner Bestandteile bewirkt ein Bleichen des Wachses. Sybille Pattscheck verwendet solches modernes gebleichtes Wachs, in das sie das jeweilige Farbpigment einmischt.

Sie streicht das heiße Wachs mit breiten Pinseln auf den Glasträger. Die Eigenschaft des Wachses, schnell zu erkalten, bedingt eine verbleibende Pinselstruktur an der Oberfläche und eine leichte Verdickung am Rand des Bildfeldes. An diesen haptischen Veränderungen der Oberfläche sammelt sich das Licht besonders und verstärkt die Leuchtkraft der Farben, die im Wachs bewusst nur sehr dünn eingestreut erscheinen. Nur Schicht um Schicht kann man mit der Enkaustik arbeiten. Jeder Schritt im Prozess der Bildwerdung steht für sich.

Die Farbpigmente, die Sybille Pattscheck verwendet, schweben gleichsam im Trägerstoff des Wachses – so als seien sie in der Luft festgehalten –, was dem Licht – tatsächlich den Lichtstrahlen – die Möglichkeit eröffnet, sich zwischen den Farbelementen zu bewegen und hier dieses Höchstmaß an Transparenz und Leuchtkraft auszulösen.

Die Farbe in Sybille Pattschecks Bildobjekten entfaltet sich daher mehrdimensional. Sie sitzt in einem eigenen Raumkörper auf dem Träger des Glases, im Wachs gehalten, und wird durch die Dicke der Glas- oder Acrylglasscheibe um einen weiteren Raum im Hintergrund gespiegelt, in dem sich das Licht bricht und so nicht nur von der Oberfläche aus die Farbe erschließt, sondern auch aus dem Hintergrund heraus die Farbe zum Leuchten bringt.

Dieses optische Phänomen wird noch in den Arbeiten gesteigert, in denen durch die flache Kastenform des Glasträgers ein Abstand zur Wand entsteht, in dem sich noch mehr Licht und Luft

sammeln kann, um das Werk im Inneren zu durchdringen. Wenn man so will, malt Sybille Pattscheck auf der Oberfläche der Bildfläche mit Enkaustik und Farbe, und im Hintergrund des Bildes lässt sie „Licht und Luft malen“. Die plastischen Farbkörper entwickeln so im Zusammenspiel von gestalteten und gleichsam ungestalteten Flächen - im Hintereinander von Farbmalschicht, Glasscheibe, Luft und Wandfläche – mehrere Schichten und Dimensionen, die die malerischen Wirkungen der Bilder auslösen, wenngleich sie nicht im strengen Sinne als Malerei definiert werden können.

In den jüngsten Werken der Künstlerin verdichtet sie diese Farbräume zu immer größerer Geschlossenheit und lässt ein Höchstmaß an Transparenzen zu, die diese Bildobjekte zu selbst leuchtenden Raumkörpern werden lassen. Eine gewisse Rolle spielen dabei auch die besonders gestalteten Seitenflächen der Bildkörper, die mit leichten Farbvarianten gestaltet den Bildobjekten einen auratischen Rahmen zuordnet, der die Lichtintensität im Bildzentrum noch steigert. Diese Werke wirken wie von innen erleuchtet, und der Künstlerin gelingt es so, mit den im Ausstellungskontext an den Wänden positionierten Bildobjekten den Raum farbig zu durchdringen und Farbe als ein Phänomen des Lichtes wahrnehmbar zu machen, dessen Unendlichkeit wir als optisches Kontinuum erfahren.

Dieser immaterielle Farbraum, den Sybille Pattscheck mit ihren Bildobjekten schafft, lässt sich durchaus mit plastischen Phänomenen vergleichen, die sich in Werken der Lichtkunst finden lassen. Ein wichtiger Faktor ist dabei auch die Partizipation der Betrachter*innen, die durch den veränderten Standort der Betrachtung selbst Bestandteil des immateriellen Farbraumes werden und so die Wahrnehmung der Bilder maßgeblich mitbestimmen.

Eine Künstlerin, die so mit Farbe im Raum umgeht, greift unmittelbar in die Erfahrungs- und Empfindungswelt der Menschen ein, die diese Phänomene betrachten. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Manifestation gegenstandsloser und abstrakter Malerei in der modernen und in der zeitgenössischen Kunst. Neben formal-ästhetischen Untersuchungen und Analysen in Bezug auf Wahrnehmung und Rezeption stellt sich die Frage, welcher gemeinsame Grundkonsens ihnen eventuell eigen ist.

In diesem Kontext kann diskutiert werden, ob Sybille Pattschecks Arbeiten auch in den Kanon der Radikalen Malerei gerechnet werden sollten. Der Anspruch, den diese Malerei stellt, ist psychologischer Natur. Hier wird der einzelne zum unmittelbaren Dialog mit der Kunst aufgefordert.

„Die Funktion eines radikalen Gemäldes liegt darin, das Betrachter-Ego zur visuellen Begegnung als bewussten Akt des Sich-Einlassens aufzufordern: zu einem Erlebnis von ursprünglichem Charakter… Im glücklichsten Fall ruft er außerhalb seiner selbst ein persönliches Empfinden des ursprünglichen und wesentlichen hervor.“ *1

Wichtig ist hier auch der Entstehungsprozess der Werke von Sybille Pattscheck, denn durch ihre spezifische Technik der Enkaustik, die immer auch den Pinselduktus in sich trägt, entsteht nie ein kühl-technischer, sondern stets ein sehr individueller Bildraum, der trotz der strikten Monochromie Elemente von Spontanität, Zufall und damit auch malerischer Ausdruckskraft in sich trägt. Die Sinnlichkeit, die diesen malerischen Oberflächen eigen ist, ist auch unmittelbar Bestandteil des Zugangs zum Bild und befördert den Dialog mit dem Betrachter im Sinne einer nahezu meditativen Innensicht. Gerade in den konkretesten Formen und den reduziertesten Positionen von Malerei entwickeln sich Erlebnisfelder, wie sie in den Oberflächen und Strukturen der Malerei von Sybille Pattscheck sinnfällig werden. Die Malerei erhält dabei eine prozessuale Qualität, bei der sich Malerei als Malerei selbst entwickelt und die Künstlerin in einem begleitenden und gleichsam von außen steuernden Prozess mittelbar eingreift.

„Vom Rand weg dünnt die Farbe zur Bildmitte hin aus, was den Blick in die Tiefe treibt: Ein dichter Nebel im Nebel.

Tiefer und tiefer tastet das Auge, nimmt immer wieder Abstand. Es ist unheimlich; alles ist unscharf, nichts fokussierbar, nichts greifbar, es gibt keinen Halt. Ein farbloses stilles Nichts? Eine beziehungslose Leere innerhalb gesetzter Grenzen, aus der man sich lieber wegstehlen möchte? Darin kann man nicht sein. Das Sich entfernen vom Rand zur Mitte, wird als Unruhe wahrgenommen. Darin liegt das Ereignis, die neue Erfahrung. Die Leere hat etwas ungeordnet Freies, das sich wie aus innerer Tiefe entfaltet, sich aber nicht festmachen lassen will.“

Sybille Pattscheck ist eine Lichtsammlerin, die jeden Tag und in jedem Bildobjekt auf die Suche geht nach dem Wunder von Licht und Farbe, das sie in ihren künstlerischen Arbeiten einfängt und für uns alle, die wir ihren Kunstwerken begegnen dürfen, zur Anschauung bringt. Immer wieder anders, immer wieder neu und immer wieder und wie Aufladestationen optischer Energie.“ *2

*1 Josef Marioni/Günther Umberg: Outside the Cartouche. Zur Frage des Betrachters in der radikalen Malerei, München 1986, Seite 1
*2 Grenzziehungen im Leeren von Freddie Michael Soethout, in: Ausstellungskatalog Stromland, Niederrheinischer Kunstverein Wesel, 2018

Gabriele Uelsberg
in: Katalog „In der Farblichtgleiche“, hrsg. von Galerie Bernd Bentler, Bonn, 2021
Mobirise

In der Farblichtgleiche, Ausstellungssituation Galerie Bentler, Bonn, 2021

In einem Pinselstrich

Thomas Hirsch


Farbe und Licht sind die zentralen Kategorien in der gegenstandsfreien Malerei von Sybille Pattscheck. Als Bindemittel für das Farbpigment verwendet sie Wachs, wobei sie das flüssige, schnell erkaltende Farbgemisch mit breitem Pinsel in zügigen Bewegungen über der Grundierung aus farblosem oder weißem Wachs aufträgt. Als Malgrund dienen transluzide Scheiben aus Acrylglas, die die Farben um das reine Licht bereichern und selbst bei diffusem Tageslicht eine enorme Leuchtkraft weiterleiten. Diese Konstanten der Bildproduktion, dienen ganz der Wirkung der Farben in ihrem suggestiven Reiz, ihrer fluktuierenden Ausdehnung, ihrer Haptik und Transluzenz, wie sie eben nur so und nicht anders entstehen kann.

Empfunden zwischen Fläche und Raum, unendlicher Zeitdehnung, flüchtiger Erscheinung und entschieden materieller Setzung, tragen diese Malereien die denkbar größte Selbstverständlichkeit. Sie vermitteln das einzelne Farbgeschehen und behalten doch den gesamten Farbraumkörper mit seinen Schichtungen im Blick. Hingegen ist die Bildoberfläche klar definiert, betont noch durch die Kanten, die auf die Vorderseite durchscheinen, wenn sie nicht in der Farbmaterie aufgehen.

Der lapidare, mitunter knappe, dabei breite Pinselstrich, in dem Spuren der Borsten stehen bleiben und in der ein versetztes Überlagern sich ebenso wie ein Neuansetzen vollzieht, verdeckt nicht, sondern öffnet den Blick in die Tiefe des Bildkörpers. Erstaunlich, mit wie wenig Farbsubstanz dies mitunter gelingt! Farbe ist bei Sybille Pattscheck immer zugleich mit ihrem Verzicht verbunden. Zwischen der opaken Geschlossenheit finden sich langgezogene Spuren lichter Aufhellung. Die Farben vermitteln ihre Zartheit im Schwebenden, zugleich ist ihnen alles Erstarrte (um das es sich faktisch handelt) fern. Im Gegenteil kennzeichnet die Farbflächen eine Weichheit, die noch die Ahnung von Volumen – und damit einer gespannten Membran – vermittelt, wie sie eben nur die Enkaustik erreicht.

Wie in einem Pinselstrich fängt sie das Licht ein und konzentriert es. Als Malerin, die die Tonalität und Abstufungen ebenso wie den Duktus und die Fraktur selbst anlegt, entwickelt sie Bilder, die der Betrachter als Gegenüber empfindet und die ihn noch zum Wechsel des Standortes zwischen Distanz und Nähe herausfordern, zumal das farbige Licht auf die umgebenden Wände abstrahlt.

Vor dem transparenten Grund treten die Farbbahnen und lose auslaufenden Malspuren teils als Schleier und Vorhänge auf, die noch eine Schwelle – als Scheidung zwischen Außen und Innen, Synthese und Analyse – markieren. Die Farberlebnisse verhalten sich in einem organisiert ungebundenen Zustand zwischen An- und Abwesenheit mit der Genauigkeit des Pinselabdrucks. Leicht und vorsichtig gegenüber der Autonomie der Farbe, halten sich in ihnen wie zufällige Spuren des An- und Absetzens als Nachdenklichkeit der malerischen Verwirklichung. In den sichtlichen Überlagerungen findet die Seherfahrung im entschleunigenden Nacheinander statt. Die Bilder bewahren ihre Geschichte und transzendieren diese; dazu gehört ihre subtile Farbigkeit mit der vermeintlichen Auswaschung, die das Licht als weißes immaterielles Sosein zur Erscheinung bringt. Im Zusammenrücken der Farbbahnen sind die Bildoberflächen mitunter wie mit Bändern umfangen, wobei sich in der ostentativen Gedrängtheit allmählich weitere Farben abzeichnen. So ist das Schwarz in seiner Tiefe gerade nicht „rein“ schwarz, vielmehr verschaffen sich zwischen den frei beweglichen Bahnen weitere Buntfarben Präsenz, etwa ein dunkles Rot oder Blautöne als wertvolle Erlebnisse des Sehens. Dazu tritt – wie eine komplementäre Verstärkung – der satte malerische Klang der Bildkanten, zum Beispiel bei den eindrucksvollen „schwarzen“ Gemälden, die in diesen Wochen in Wesel und in der Galerie von Hans Strelow hängen. Dann wieder großzügig, eine breit ausgedehnte Pinselspur Hellblau. Zusammen tragen sie zu Momenten der sinnlichen Berührtheit bei und vermitteln eine kontemplative Gelassenheit. Wir müssen nur genau, über längere Zeit, schauen und dann verändern sich die Bilder an ihren Oberflächen und teilen die Nuanciertheit ihrer Farbigkeit und die Komplexität ihrer Räumlichkeit mit.

Mit ihren genau ausgeloteten Mengen an Farbe und im Nebeneinander unterschiedlicher Dichte, die mitunter wie das Gedächtnis der Möglichkeiten der Farbtöne auftreten, kann deshalb bei den Bildern von Sybille Pattscheck von Farb-Recherchen gesprochen werden. Manchmal lässt sich zu den Rändern hin dieses Davor und Danach minutiös ablesen – aber man täusche sich nicht: Immer haben diese Gemälde (denn das sind sie) ihre Geheimnisse, die sie für sich behalten. 

Thomas Hirsch
Mobirise

Diachrome No 5 (Bei Nacht ein Licht), Enkaustik auf Acrylglas, 125 x 125 x 6 cm, 2018

MALEREI ALS SUCHE NACH DER FARBE von Michael Fehr 

Überlegungen zu den neuen Gemälden von Sybille Pattscheck


An Konkreter Kunst generell bemerkenswert ist vor allem der Umstand, dass sich ihre Produzentinnen und Produzenten freiwillig in ein relativ eng umgrenztes Arbeitsfeld begeben und damit Zwängen und Restriktionen unterstellen, die der Freiheit im Umgang mit Mitteln, Methoden und Auffassungen zu widersprechen scheinen, für die insbesondere das Malen nachgerade als Inbegriff gilt. Dies gilt ganz besonders für die Monochrome Malerei, die nicht nur auf jeden außerbildlichen Bezug, sondern auch auf die Auseinandersetzung mit Formen oder Farbkontrasten verzichtet und sich stattdessen ganz mit der Hervorbringung von Farbe als dem eigentlichen Bildgegenstand beschäftigt: sich auf die Wirkung von Farbe als Material mit bestimmten Eigenschaften konzentriert.

Eine Konsequenz dieser konzeptionellen Radikalität ist, dass sich die Konkrete Malerei, insbesondere aber die Monochrome Malerei, durch nichts als sie selbst legitimieren kann: Wo das Gemälde weder als Bild von etwas auftritt noch in einem abstrakten oder symbolischen Sinn für etwas anderes steht als das, was es konkret ist, bleiben allein sein So-Gemacht-Sein und seine Wirkung als eben dieses So-Gemacht-Sein die Kriterien für seine Bedeutung.

Entsprechend läuft die Auseinandersetzung mit Konkreter Kunst nicht selten auf die bloße Beschreibung der Faktur der betreffenden Objekte hinaus. Dabei besteht häufig die Gefahr, dass die spezifische Art und Weise der Herstellung solcher Bilder (einschließlich der technischen Voraussetzungen und Bedingungen) anstelle ihrer vom (konventionellen) Betrachter vermissten inhaltlichen Dimension wahrgenommen und wie ihre 'Ikonographie' behandelt werden: Im künstlerischen Arbeiten kann man, zumal wenn es sich im Bereich des Nicht-Gegenständlichen bewegt, ein exemplarisches Beispiel für eine mehr oder weniger freie Identitätsbildung sehen. Sie wird in der Regel schon dann als gelungen wahrgenommen, wenn entsprechende Werke einen hohen Wiedererkennungswert haben, also eine ähnliche Struktur und Machart aufweisen, die sie als untereinander verwandt erscheinen und von anderen Werken eindeutig unterscheidbar machen lässt. Nicht selten ist daher die Entwicklung einer solchen individuellen Struktur das erste Ziel des künstlerischen Bemühens – das Bild soll sofort und ohne Umstände als das eines bestimmten Urhebers erkannt werden können und wird so mit seiner Signatur identisch, zu einer Signatur seiner selbst. Erschöpft sich aber manches künstlerische Talent schon in der Entwicklung einer solchen Kunstmarke, die dann von ihrem Erfinder – als Zeichen für Konstanz und Substantialität – mitunter ein Leben lang variiert wird, so entspricht ihrer Entwicklung eben die ikonographisch orientierte Form der Betrachtung; sie ist oftmals ganz gegen die Intention gerichtet, die der Anlass für die Entwicklung nicht-gegenständlicher Kunst war: Denn gerade da, wo es eben nicht um ein 'wiedererkennendes', sondern um ein 'sehendes' Sehen, also um ein sich seiner Bedingungen bewusst werdendes Sehen geht, re-etabliert sie im Identifikationsakt leider nur allzu oft die traditionelle, ausschließlich wiedererkennende Betrachtungsweise ("das ist doch ein ...") – und verhindert so häufig, dass die Bilder als spezifische Anschauungsangebote wahrgenommen werden. Dabei greift dieser Mechanismus in dem Maße um so stärker, wie die Bilder als gewissermaßen objektivierte Tatbestände oder ohne individuelle Arbeitsspuren auftreten: Denn gerade dann bedarf es für diese Art der Bildbetrachtung des Rückbezugs auf den Urheber, der mit seiner Persönlichkeit nicht nur für die Identität der Bilder einsteht, sondern sie allererst begründet.

Dieses Dilemma der nicht-gegenständlichen Malerei hat Sybille Pattscheck mit ihren Gemälden überwunden, indem sie eine dem Forschen vergleichbare Form der Arbeit entwickelt hat: Seit sich die Künstlerin dazu entschied, mit gebleichtem Bienenwachs als Lösungs- und Bindemittel ihrer Farben zu arbeiten, konnte sie sich als Malerin ein Aktions- und Arbeitsfeld erschließen, innerhalb dessen sie – und wir, die Betrachter, mit ihr – immer wieder neue Entdeckungen im Reich der Farbe machen können.

Im Unterschied zu öl- oder wassergebundenen Farben steht das Malen mit Wachs unter ganz besonderen technischen Bedingungen: Wachs kann nur in sehr heißem Zustand aufgetragen werden, kühlt jedoch beim Auftragen auf die Fläche relativ schnell bis zur Erstarrung ab und kann dann nicht mehr (mit dem Pinsel) bearbeitet werden. Andererseits bleibt Wachs auch in erkaltetem Zustand eine plastisch verformbare Masse – hochgradig empfindlich gegenüber mechanischen wie thermischen Einwirkungen. Zu diesen technischen Eigenschaften kommt eine Besonderheit von Wachs als Bindemittel: Auch gefärbtes Wachs bleibt eine transparente Masse; dies zeigt sich bei Pattschecks Papierarbeiten und bei ihren Arbeiten auf Acryl oder Glas besonders deutlich; auf dunklen 2 Untergründen aufgetragen, fängt jedoch der transparente Farbkörper des Wachs das Licht regelrecht ein und scheint es in sich zu speichern. Aus diesen Eigenschaften von Wachs resultieren insbesondere zwei spezifische Vorgaben für das Malen mit diesem Material: Es muss sehr schnell gearbeitet werden, denn die Farbe verändert während des Malvorgangs rapide ihre Konsistenz von sehr flüssig bis bröckelig; und es gibt weder die Möglichkeit, verschiedene Farben miteinander auf der Bildfläche zu vermalen, noch die, einmal Gemaltes nachträglich korrigieren zu können; gelingt ein Farbauftrag nicht wie beabsichtigt, muss das ganze Bild neu hergestellt werden.

Sybille Pattscheck trägt das heiße Wachs mit breiten Pinseln auf die auf dem Boden liegende Bildfläche auf, wobei sie den Ansatz der Malspur häufig dadurch betont, dass sie an dieser Stelle das Material relativ dick stehen lässt. Im Verlauf des Pinselzugs dünnt die Wachsfarbe immer mehr aus und lässt in dem Maße, wie sie ausdünnt, die Struktur des Pinsels bis hin zu einzelnen Borsten erkennen. Diesen Verlauf von einem strukturlos-deckenden Ansatz der Malspur bis zu ihrer Auflösung in einer feinen, lasierend wirkenden und im Malgrund nahezu verschwindenden Struktur hat Sybille Pattscheck nicht nur handwerklich perfektioniert, sondern zu ihrem womöglich wichtigsten malerischen Mittel auf der Suche nach der Farbe gemacht.

Ein weiteres wichtiges Mittel der Künstlerin ist ihr bewusster Umgang mit dem Umstand, dass sich Wachsfarben nicht vermalen lassen, sondern nur in übereinander liegenden Schichten aufgetragen werden können. Die Malerin betont diese Eigenschaft des Malmittels, indem sie die grundsätzlich immer parallel angelegten Pinselzüge gegeneinander oder übereinander gestaffelt auf die Bildfläche setzt. Dadurch ergeben sich vielfältige Überscheidungen und Überlagerungen, doch bleibt aufgrund des transluzenten Charakter des Materials nahezu jede einzelne malerische Aktion erkennbar und nachvollziehbar. In Verbindung mit der oben beschriebenen kontinuierlichen Veränderung der Malspuren von einem dickflüssig-deckenden bis zu einem strukturiert-lasierenden Charakter erreicht die Künstlerin durch diese Operation nicht nur eine extreme Differenzierung der Bildoberfläche, sondern wird das Bild buchstäblich als eine farbräumliches Geschichte erfahrbar, in das man an der einen Stelle mehr und an anderen weniger geradezu hineinsehen kann.

Als drittes, für Sybille Pattschecks malerische Strategie charakteristisches Element soll hier erwähnt werden, dass sie ihre Gemälde nicht in der Position präsentiert, in der sie sie (auf dem Boden liegend) herstellt, sondern ihre Bilder konventionell an die Wand bringt und dabei oft so hängt, dass sich die dichteren Stellen der Malspuren im unteren Bildteil befinden und damit zumindest aus der Ferne der Eindruck entsteht, als seien die Farben nach unten geflossen und hätten sich dort zu Verdickungen gesammelt. Diese 'Präsentation gegen Strich' führt zu einer grundsätzlichen Irritation bei der Betrachtung der Bilder, da sie die in den Überlagerungen und den Verläufen der Pinselzüge manifeste zeitliche Struktur zugunsten eines Simultaneindrucks in Frage stellt. Doch lädt auch diese Maßnahme ähnlich wie die Differenzierung des Verlaufs und die Schichtung bzw. Staffelung der Pinselzüge dazu ein, sich den Gemälden zu nähern und sie genauer zu betrachten. In den jüngsten Bildern, die nicht nur flach aufliegend, sondern auch in aufrechter Position hergestellt wurden, wirken diese malerischen Mittel in besonders komplexer Weise zusammen. Denn hier steht dem handwerklichen Verstreichen des Materials zu einer feinen Struktur in einer Richtung nicht nur dessen amorpher Charakter im Ansatz des Pinselzuges, sondern auch sein natürliches, tropfenförmiges Aus- und Verlaufen in der entgegengesetzten Richtung gegenüber. Ist dadurch dem Vollzug einer kontrollierten, mit einem Werkzeug ausgeführten Handlung mit dem Material wirkungsvoll die Gebärde seines natürlichen Verhaltens konfrontiert, so erschafft diese malerische Operation, im Bilde viele Male nebeneinander gesetzt wie übereinander geschichtet und gestaffelt, einen höchst differenzierten Bildkörper. Dieser Bildkörper ist aber auch in anderer Weise von offenen Wechselwirkungen zwischen den gezielten Handlungen und dem Verhalten des Materials bestimmt: Er kann eine glänzend-abweisende, eine stumpf das Licht schluckende oder eine geradezu leuchtende Oberfläche haben; er kann opak geschlossen und zugleich durchsichtig wirken; er kann das Licht brechen, es reflektieren oder in sich einschließen; und er kann als eine dem Bildträger applizierte, farbige Fläche oder als ein transluzenter Bildraum erscheinen: Wie immer, in jedem Fall gelingt es Sybille Pattscheck durch ihre Malerei Bildräume zu erzeugen, in denen sich nicht nur ein mehr oder weniger kalkuliertes Farbenspiel vollzieht, sondern in denen Farbtöne und Farbwirkungen zur Anschauung gebracht werden, die allererst durch das Gemälde selbst zustande kommen.

Diese "gefundene Farbe" zur Anschauung zu bringen, ist das erklärte Ziel der Künstlerin. Eine Farbe zu finden, ist aber – wie mit dem Vorstehenden deutlich werden sollte – keine Aufgabe, die in einem gedanklichen Diskurs gelöst werden könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es vielmehr der Handwerklichkeit im umfassenden Sinn, einer Kunstfertigkeit, die es versteht, die dem Material innewohnenden Eigenschaften zur Geltung und als Substanz zur Anschauung zu bringen. Es ist offensichtlich, dass Sybille Pattschecks Gemälde in diesem Sinne substantielle Bilder sind, Bilder, in denen wie in einem lebendigen Organismus Form und Materie nicht nur addiert, sondern in einer konkreten Synthese von Organisierendem und Organisierten zu einer neuen Einheit werden, aus dem etwas Eigenständiges – die "gefundene Farbe" – entsteht. 

Michael Fehr
Mobirise

Rheinbogen bei Xanten

Licht durch Farbe von Freddie Michael Soethout

Den Bewohnern von Wasserlandschaften wird nachgesagt, ein besonderes Verhältnis zum Licht zu haben. Möglicherweise liegt das daran, dass die Spiegelung des Himmels auf dem Wasser das Licht besonders rein und substantiell erscheinen lässt; was wiederum auch begreifbar macht, weshalb das Licht so leicht in die Malerei der dort lebenden Künstler einströmt, wie uns die Niederländische oder Venezianische Malerei eindrucksvoll zeigen. Auch am Niederrhein – wenn er nicht gerade im Nebel versinkt - ist diese besondere Qualität des Lichtes wahrzunehmen, die sich im Ausblick auf den fernen Horizont zwischen Wasser und Himmel als großes Gesamtbild offenbart, das die Menschen wie ein durchsichtiges Gehäus’ umgibt und über dessen Plafond ein fortwährender farbiger Wolkenzauber vorüberzieht.

Die spezifische Qualität des Niederrheinischen Lichtes findet sich auch im Werk von Sybille Pattscheck. Sie ist am Niederrhein geboren, ist also gewissermaßen in diesem Licht großgeworden. Ein lichtdurchscheinendes Medium wie Wachs für ihre Malerei zu verwenden liegt daher nahe. Es geht ihr um Licht, um Licht durch Farbe. Und Wachs ermöglicht ihr dabei jene subtile Balance zwischen Licht und Farbigkeit einzustellen, die beide, Licht und Farbe, so spannungsvoll in Erscheinung treten lässt.

Die Arbeiten Sybille Pattschecks entstehen dabei in jenem Strom der Stille, in dem auch das Licht lautlos die Farben des Himmels wandelt: Als Lichtgerüst ihrer Arbeiten, legt sie einen Bildgrund aus weißem und farblosem Wachs an, das sie auf Holz- oder Glastafeln aufträgt. Darüber folgt mit breitem Pinsel farbiges Wachs in dünnen Schichten. Im Dicht an Dicht der Wachsbahnen, die von oben nach unten und umgekehrt verlaufen, schließt sie allmählich die Bildfläche. Und fast wie Wasser sich nach jeder Berührung nahtlos zur ebenen Spiegelfläche verschließt, glättet das flüssige Wachs beim Auftrag die Spuren von Pinsel und Duktus zu einer fast texturlosen Oberfläche, aus der die Farben ungehindert hervor leuchten. Schicht um Schicht entsteht ein Objekt, dessen Farbigkeit im Innern zu schweben scheint. Das Wachs tritt dabei in seiner Materialität zurück, lässt Licht und Farben hindurchscheinen, trägt die Farben, ohne selbst wahrgenommen zu werden.

Nicht die Umsetzung einer vorgegebenen Bildidee verfolgt sie im Malprozess. Vielmehr arbeitet sie auf jenen Punkt hin, wo zwischen ihr und dem werdenden Bild Gleichklang entsteht. Hier beendet sie den Malvorgang, tritt von der Arbeit zurück, nimmt Abstand, um nun, aus der Position des Betrachters, die Wirkung der entstandenen Farbigkeit in Augenschein zu nehmen. Die Künstlerin spricht vom Moment, in dem sie die Farbe gefunden hat, vom Erscheinen der „gefundenen Farbe“, gefunden auf einem Spaziergang, einem Rondoneè durch ihre innere Farbenlandschaft, in der sie mit dem ersten Pinselstrich eintritt, ohne vorhersagen zu können, mit welchen Farbstücken sie zurückkehren wird.

Gewissermaßen dokumentieren die Arbeiten diese Erkundungen, bei dem im gewordenen Bild das Moment der Übereinstimmung nach Außen mitgeteilt wird. Dieses Moment ist aber kein Déjà-vú und kein farbiges Remake zusammengestückelter Anleihen aus der Realwelt. Es ist eher das Erscheinungsbild eines verdichteten, gefühlvollen Reflexes über Farbe im Augenblick ihrer Entstehung. Insofern sind ihre Arbeiten auch eine Akkumulation von Bewegung und Zeit, vergleichbar der Überlagerung einzelner Aufnahmen verschiedener Filmstreifen, die in einem Blick durchgeguckt werden, womit schlechthin eine andere, erweiterte Farben- und Bildrealität geschaffen wird. Die von den Arbeiten ausgehende Wirkung ist daher nicht ohne den Prozess ihrer Entstehung zu verstehen, wobei die Künstlerin, trotz des sparsamen Einsatzes bildnerischer Gestaltungsmittel – will sagen, bei zurückgenommener Strichführung kaum mehr als die Auftragsdicke und die Strichfarbe variiert – erstaunliche Stücke spannender Farbigkeit hervorbringt.

Die Bilder sind reine Farbe. Ihre materielle Bildebene wird nicht durch die Illusion eines Licht- oder Farbenraums ersetzt und es gibt keine innerbildlichen Farbformen, die einen Standpunkt mit Ausblick in eine Raumillusion erlauben. Auch weigert sich der geglättete Wachsauftrag, die vielfältigen Wirkungen des Raum- und Bildlichtes auf die Materialität der Bildoberfläche wiederzugeben, insbesondere, wenn das Wachs matt angelaufen ist. Die farbige Erscheinung in den Bildern von Sybille Pattscheck ist pur und wird vom Licht im Wachs hervorgerufen. Bildtiefen, die durch leichte Farb- und Lichtnuancierungen hervorgerufen werden, stellen keinen wirklichen Raum dar. Sie sind eher Farbnebel, auf die sich das rastlos tastende Auge kaum scharf stellen kann und schließlich auf unendlich fokussiert. Farbe wird zum grenzenlos fließenden Seherlebnis. Man schaut in Wahrheit auf ein wirkliches Stück Farbe, als Teil eines Raums, dessen Dimensionen ausschließlich durch Farbe bestimmt sind.

Das Licht tritt in den Arbeiten sehr unterschiedlich an die Bildoberfläche. Es gibt keine gesetzten Lichtpunkte oder konstruierte Lichtquellen, wie sie in der klassischen Malerei zu finden sind, mit denen meist kontrastreich Räumlichkeit erzeugt wird oder Körper ins Blickfeld gerückt werden, nicht selten zugespitzt in einer dramatischen Bildinszenierung.
Vielmehr sind es die geringen Helligkeitsunterschiede des aufgetragenen Wachses, die das substanzielle Licht erzeugen, wie in der kleinen Arbeit Grau mit Umbra, aus der die Lichtsubstanz leise, fast etwas scheu zur Bildoberfläche hervorleuchtet, und die Stimmung einer stillen Lichtung, die zum Verweilen einlädt, hervorruft.
In der Arbeit Blau über Rot (schwebend) sind es die Leuchtkraftunterschiede der Farben, die durch die Wachsschichten hindurchleuchten und in der Arbeit Grün ist es der helle Grund, der den fast monochromen Farbauftrag intensiv zum Leuchten bringt.

Wie das Licht zu farbiger Erscheinung anregt, zeigt die Arbeit Horizontstücke in mehrfacher Hinsicht. Die Arbeit besteht aus drei waagerechten Tafeln, die nebeneinander zu einem länglich ausgedehntem Bild gehängt sind. Über die Schmalseite der Tafeln sind senkrecht breite Wachsbahnen aufgetragen, die in unterschiedlichen Farben gegeneinander gesetzt sind.

Der Titel und das länglich flache Bildformat suggerieren dem Betrachter ein Landschaftsbild vor sich zu haben, respektive in die gemalte Abstraktion einer Landschaft zu schauen. Und tatsächlich erinnert die Bilddarstellung im dunklen Abschnitt an die diffuse Spiegelung von Nachtlichtern auf einem See, die als schlanke fluchtlose Lichtsäulen vom gegenüberliegenden Ufer über das leicht kräuselnde Wasser herüber flimmern. Bildliche Assoziationen sind natürlich erlaubt. Doch das landschaftliche Moment, auf das im Horizontstück verwiesen wird, liegt tiefer, berührt verinnerlichte Landschaft. Die Künstlerin reflektiert den rauschenden Farbenstrom, den das Licht im Lauf der Zeiten auf den Niederrheinischen Himmel malt. Die Farbsetzungen sind davon gelöste Farb- und Lichteindrücke, die sukzessive aufgezeichnet und zu einem Bild verwoben werden, einem Gesamtbild, in dem das Areal durchwanderter farbiger Erinnerung aufscheint.

Zieht auch das flüchtige Spiel von Licht und Farbe wie ein endloser unwiederbringlicher Bilderreigen am Himmel vorbei, so sind die Farbbilder Sybille Pattschecks wiedergewonnene Augenblicke davon.

Freddie Michael Soethout
Mobirise

Stadtmuseum Siegburg, 2004

Farbe, Raum und Licht von Maria Engels
Kunst aus Nordrhein-Westfalen zeigt Werke von Sybille Pattscheck

Im „vis à vis“ mit den sensiblen, strengen, seriellen, rhythmisierten Glasarbeiten der Düsseldorfer Künstlerin Gaby Terhuven zeigt die Kölner Farbmalerin Sybille Pattscheck ihre Enkaustikbilder auf Holz, Glas und Papier in der ehemaligen Reichsabtei Aachen-Kornelimünster.

Sybille Pattscheck benutzt Licht durchlässiges Bienenwachs als Bindemittel für ihre Farben. Zunächst bringt sie farbloses bzw. weißes Wachs sozusagen als Grundierung auf den Bildträger, weil so das Licht bis in die unterste Bildschicht eindringen kann. Das eingefärbte Wachs streicht sie danach mit breiten Pinseln in etlichen dünnen Schichten auf den liegenden Bildträger, wobei das Wachs nur bei hohen Temperaturen verflüssigt mit dem Pinsel zu bearbeiten ist, schnell erstarrt und den Farbfluss bremst, wodurch einerseits die reliefartige Oberfläche der Bilder entsteht und andererseits das jeweilige Neuansetzen des Pinsels sichtbar wird. Unterschiedliche Farben werden auf diese Weise übereinandergelegt, die auf Grund des transluziden Charakters des Wachses alle im Auge des Betrachters wirksam bleiben. Dabei entsteht so etwas wie ein vielfarbiger diffuser Nebel, der sich zur „gefundenen Farbe“ (Sybille Pattscheck) des einzelnen Werkes, zu seinem unverwechselbaren Farbklang zusammenfügt. Die Entscheidung, wann diese individuelle Farbe eines Bildes gefunden ist, fällt die Künstlerin intuitiv in einer Art meditativer Auseinandersetzung während des schöpferischen Aktes.

Die deutlich sichtbaren Pinselspuren, wie sie das Erkalten und wohl auch die Zähflüssigkeit des Wachses mit sich bringen, verlaufen von oben nach unten und umgekehrt und – bei den als „Metachromes“ bezeichneten Arbeiten – zusätzlich auch von rechts nach links und umgekehrt mit deutlichen Verlaufspuren der Farbe in alle Richtungen, was nur die Bearbeitung des liegenden bzw. immer wieder gedrehten Bildträgers möglich macht. Dadurch entsteht eine kleinteiligere, bewegtere, unruhigere Bildwirkung, die das Aufleuchten des „Dahinter“ der tiefer liegenden Farbschichten intensiviert.

Die lichtdurchlässige materielle Beschaffenheit des Wachses speichert sozusagen jeden einzelnen Farbauftrag und lässt ihn in der Tonalität der Gesamtmelodie der Farbgebung mitspielen. Es entsteht dabei der Eindruck, als sei mit der Farbe das Licht in die Tiefe eines imaginären Farbraums eingesickert.

In der Regel erlangen die Bilder von Sybille Pattscheck auch dadurch eine fast körperhafte Präsenz, dass die all-over Malerei auch um die Ränder der rahmenlos präsentierten Holztafeln herumgeführt wird. Die Kompaktheit der so entstehenden Farbkörper wird einerseits von der Materialität des geschichteten Wachses noch verstärkt, andererseits bricht die transparente Leuchtkraft der Wachs gebundenen Farben sozusagen von innen heraus diesen Eindruck zu diffuser, offener, schwebender Tiefenräumlichkeit.

Verstärkt wird diese Form von schwebender Leichtigkeit bei den neueren Enkaustikarbeiten, die Plexiglas als Bildträger nutzen. Dabei handelt es sich um kastenartige gläserne Gebilde, die von allen Seiten mit wenigen dünnen Schichten Wachs bemalt werden. Die gegenüber den Holztafeln größere Tiefe dieser Kästen verstärkt ihren Charakter als Farbraumgebilde, andererseits kann das Licht von oben, von der Seite und von vorn eindringen, durch das Glas das Innere der Kästen erreichen, was das transparente Wachs nur diffus bricht, aber nicht verhindert. So entsteht der Eindruck eines von innen, aus sich selbst heraus leuchtenden, sich selbst generierenden Farbraums. Das glatter und dünner aufgetragene Gemisch aus Wachs und Farbe schafft zusammen mit der Transparenz des Glases eine gegenüber den Arbeiten auf Holz gesteigerte Leichtigkeit, die den entstehenden Licht- und Farbräumen eine schwebende auratische Erscheinung mitgibt.

Bei der Betrachtung der Werke von Sybille Pattscheck erschließt sich auch dem ungeübten Betrachter im unmittelbaren sinnlichen Erleben, dass „die Hervorbringung von Farbe“ (Michael Fehr) der einzige Impetus der Malerin ist, losgelöst von jeder gegenständlichen Abbildhaftigkeit oder auch jeder abstrahierenden Verallgemeinerung. Der Zusammenhang von Farbe an sich und dem sie erzeugenden Licht ist ihr Thema und in den Werken unmittelbar evident.

Maria Engels, ehemalige Leiterin der Sammlung Kunst aus NRW,
anlässlich der Ausstellung Vis à Vis, Kunst aus NRW, 2007, ehemalige Reichsabtei Kornelimünster, Aachen-Kornelimünster
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Ausstellung Vis a Vis, Kunsthaus NRW, Alte Reichsabtei Kornelimünster, 2007

Grenzziehung im Leeren von Freddie Michael Soethout

Sybille Pattscheck ist Malerin. Mit breitem Pinsel streicht sie Farben auf glasklare Malgründe. Wobei sie mit leichter, fast tänzerischer Handbewegung, flüssiges Wachs als hauchdünnen Stream auf die Bildfläche setzt, der im Verlauf augenblicklich erstarrt und erst jetzt, seine Farbigkeit zu erkennen gibt. Aus dem Wechselspiel mehrerer sich überlagernder Streams, entsteht eine sensible transluzide Fläche, ein Screen, auf der so etwas wie Bild empfangen werden kann, gesendet vom Rand.

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Coronachrome weiß und rose, Enkaustik auf Acrylglas, 125x125x5 cm, 2008

Corona chromes werden sie genannt - Was aber ist hier Bild? Zunächst erfolgt eine Grenzziehung im Leeren. Der gezogene Bildrand, die leere Fläche umschreibend, wird farbig mit lichtdurchlässigem Wachs bemalt. Nun strömt das Licht hindurch und legt sich als farbiger Schatten auf das matte Wachs der offenen Bildfläche, die zum Empfänger, Sammler der farbigen Erscheinung wird. Das Licht behauptet sich durch die Farbe und die Farbe leuchtet auf. Beide bleiben im Geschehen sichtbar. Wie erlebt sich das Licht, wie erlebt sich die Farbe? Der Screen, die Bildfläche ist Ebene der Begegnung, auf dem das Ereignis passiert. Licht und Farbe erscheinen fremd - woher kam das Licht, woher die Farbe? 

Die eigentliche Malerei findet seitlich auf dem umlaufenden Rand des Bildes statt. Sie ist der Frontalsicht entzogen. Man muss einen Schritt zur Seite, gewissermaßen hinter die Kulissen gehen, um sie in Augenschein nehmen zu können: Der Wachsfarbauftrag ist in knappen Pinselstrichen quer zum Rand gesetzt, in einer Richtung, neben- und übereinander. Es ist ein Farbenreigen unterschiedlicher Abtönungen, die sich gegenseitig durchleuchten, sich transluzid vermischen, wobei der Strichduktus eine plastische Modulierung in der Oberfläche hinterlässt. Mitunter sind es reine Blautonreihen. Dann wieder verschiebt sich die Tonalität nach rot oder gelb auch grün, was zu Farbwendelungen auf der Bildfläche führt, auf dem Screen, worin sie, mit wechselndem Farbeindruck von Tiefe und Nähe einströmen.

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Coronachrome Blau mit Gelb, Enkaustik auf Acrylglas,140x107x5 cm, 2018

Vom Rand weg dünnt die Farbe zur Bildmitte hin aus, was den Blick in die Tiefe treibt: Ein dichter Nebel im Nebel.
Tiefer und tiefer tastet das Auge, nimmt immer wieder Abstand. Es ist unheimlich; alles ist unscharf, nichts fokussierbar, nichts greifbar, es gibt keinen Halt. Ein farbloses stilles Nichts? Eine beziehungslose Leere innerhalb gesetzter Grenzen, aus der man sich lieber wegstehlen möchte? Darin kann man nicht sein. Das Sichentfernen vom Rand zur Mitte, wird als Unruhe wahrgenommen. Darin liegt das Ereignis, die neue Erfahrung. Die Leere hat etwas ungeordnet Freies, das sich wie aus innerer Tiefe entfaltet, sich aber nicht festmachen lassen will.
Diese Leere wird nicht immer ausgehalten. Manchmal malt die Künstlerin die Leere zu, schiebt einen Vorhang davor, wendet das Blatt – wohin? Die kritische Ebene wird nicht verlassen. Denn von allen Seiten strömt es ein, bis zur nächsten Frage oder Infragestellung. In der malerischen Auseinandersetzung entstehen die Bilder ohne von außen angetragene Bedeutungs-konstrukte und Sinnbehauptungen bemühen zu müssen.
Die Arbeiten zeigen, dass Kunst sich nicht zwangsläufig Sujets außerhalb der Malerei einverleiben muss, um sich gesellschaftlich-kritisch zu artikulieren. Sie kann auch selbst Ereignis sein, dass zu neuen Sichtweisen und Erfahrungen führt, kann das Moment von Erfahrung an sich sein, das sich eben ästhetisch ausdrückt. Kunst war und ist nie pure Ästhetik (oder dessen Gegenteil), sondern auch - und im Besonderen - Hinterfragung des kunsttragenden Mediums und seiner Darbietung.
Die Unruhe muss man sich aber nicht als schreiend buntes Durcheinander vorstellen. Es kann auch eine schweigende Nebelwand aus feinsten Partikeln sein, die sich wie ein undurchdringlicher Schleier über die Wahrnehmung legt, im Feld der Auflösung. Vielleicht aber, trifft der Blick beim Betrachter nun eher auf ungeahnte, in der Tiefe liegende Bilder, die ihm selbst fremd sind.

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Diachrome No. 2, Enkaustik auf Acrylglas, 150x150x7 cm, 2017

Jetzt sind wir in der Tiefe der Fläche angekommen und in der Dunkelheit zugleich. Es ist kein Dämmerleuchten, aber die Farbe, die hindurch scheint, kommt aus der tieferliegenden Ebene. Diese Arbeiten nennt die Künstlerin Diachromes - Was passiert hier? Ein Dialog zwischen Vorder- und Hintergrund, vorgetragen von zwei übereinanderliegenden transluzenten Malgründen. Der Hintergrund schimmert durch die Lücken des Vordergrunds, der den Hintergrund überdeckt. Es ist ein Zwiegespräch hauchdünner Farbschichten. 
Beim großen Quadrat wird der Dunkelheit eine Farbe gegeben. Es gibt aber auch hellere Diachromes. Die dunklen leuchten jedoch zwiespältiger, wie aus vulkanisch glühender Tiefe.
Die gleichzeitige Wahrnehmbarkeit der vorderen- und hinteren Malebene in der Überlagerung, führt weniger zu einem neuen Gesamtbild – in dem beide verschmolzen wären – als zu einer Ununterscheidbarkeit in der Gesamtansicht. Darin liegt die Irritation. Mit wechselndem Standpunkt verändert sich das Bild in feinen Nuancen, wo durch die Lücken der Hintergrund mehr oder weniger leuchtend durchscheint. Obwohl das Bild unverrückt an der Wand hängt, ist es ruhelos, weil die Wirkung beider Ebenen schwebendes Ereignis bleibt, als sei es im Raum dazwischen.
Die Künstlerin ist unterwegs im unendlich weiten Meer der Farben, in der sie augenblicklich neue Farben findet und auch wieder verliert. Im Grunde befinden wir uns immer in einem Zwischenzustand – nichts lässt sich dauerhaft festlegen und halten.
Die dazwischen schwebende Farbe, gewonnen im Zwiegespräch, ist ein Austausch von Verschiedenheit durch Lücken hindurch, hin zu einem Bild, indem beides ist: Der Schimmer des Einen, der durch die Lücke des Anderen leuchtet. Und manchmal schaut das Blaue vom Himmel durch.

Freddie Michael Soethout, Oktober 2017

ENKAUSTIK-KÜNSTLERIN SYBILLE PATTSCHECK IM PORTRAIT

Wachs-Gemälde: Die Schönheit der lichtdurchströmten Farbe

Wie kann ein Bild ohne Lichtquelle aus sich selbst heraus leuchten? Sybille Pattschecks Arbeiten geben eine Antwort auf diese Frage. Mit der antiken Technik der Enkaustik, bei der flüssiges Bienenwachs in Kombination mit Pigmenten aufgetragen wird, schafft sie Werke, die zu strahlen scheinen. Im Interview erklärt sie uns wie sie zu dieser spannenden Maltechnik gekommen ist und was ihr daran so gut gefällt.

von Marén Cohen Monroy, 01. October 2022

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Sybille Pattscheck im Atelier

Sybille Pattschecks sicherer Umgang mit der Enkaustik wird in der überraschend abwechslungsreichen Farbwirkung ihrer Werke sichtbar: mal glühen die Wachsgemälde in warmen Rot-Orangetönen, ein anderes Mal erscheinen sie wie bläulich-grüne Eisblöcke, in denen sich das Sonnenlicht bricht. Diese gläserne Wirkung wird vor Allem durch geblichenes Bienenwachs erreicht – einem Malmittel, das selbst nach der Hinzugabe von Pigmenten transparent erscheinen kann. Durch die Verwendung eines Kastens aus Glas oder Acrylglas als Untergrund scheint die Farbe zu schweben.
Die Künstlerin hat im Laufe ihrer jahrelangen Beschäftigung mit dem Material eine besonders feine Maltechnik entwickelt, bei der sie die Wachsfarbe mit einem breiten Pinsel in mehreren dünnen Schichten aufträgt. Dabei bleibt der Duktus gut sichtbar und die verschiedenen Farben durchleuchten sich – der Untergrund scheint somit durch die leicht unebene Oberfläche hindurch und schafft eine spannende Tiefenwirkung. Die Farbe an den Bildrändern wird etwas dicker aufgetragen, während sie sich zur Mitte hin verdünnt. Dieser Wechsel der Farbtiefe schafft eine Freifläche im Bildmittelpunkt, die eine starke kontemplative Wirkung entfaltet. Bemerkenswert sind auch die farbigen Bildränder von Sibylle Pattschecks Werken: durch den wesentlich dickeren Wachsauftrag an diesen Stellen wird die Vielzahl der Farbschichten erst sichtbar und der oftmals wenig beachtete Bildteil wird zum aktiven Bestandteil ihrer Arbeiten.
Die 1958 geborene Künstlerin lebt und arbeitet in Köln. Sie nahm an zahlreichen internationalen Ausstellungen teil und gewann mehrere Preise, darunter den Kunstpreis der Künstler im Rahmen der Grosse Kunstausstellung Düsseldorf, 2018. Ihre Werke sind in namhaften privaten und öffentlichen Sammlungen wie in den Städten Köln, Bonn, Münster, der Kunstsammlung des Landes NRW, der Sparkasse, Sony Deutschland GmbH und Rhein-Braun AG, Köln, zu finden.
Die Arbeitsumgebung spielt eine wichtige Rolle bei ihrer Farbwahl, wie uns Sybille Pattscheck im Interview erzählt. Die Farbe einer Landschaft, der Blick in den Himmel oder einfach nur aus dem Fenster: all diese Eindrücke beeinflussen die Künstlerin indirekt in ihrer Arbeitsweise.

Kannst Du uns etwas über Deine Malerei erzählen?

In meiner Malerei versuche ich die Intensität und Anmutung einer oder mehrerer Farbtöne im Zusammenklang wahrnehmbar zu machen. Das geschieht durch das Licht, das je nach Tageszeit oder Lichtsituation im Raum immer anders auf einen durchsichtigen Bildkörper und auf helle, lichtdurchlässige Farbschichten trifft. Oft sind die Ränder meiner Bilder mehrfarbig bemalt und wenn das Licht auf diese bemalten Ränder trifft, strahlen sie in die meist einfarbig bemalte Bildfläche hinein und verändern sie. Das Licht malt sozusagen aktiv mit. Die Wahrnehmung des Bildes ist auch unterschiedlich, je nachdem von welcher Seite sich der Betrachtende nähert, von der Seite oder von vorne.
Interessant finde ich, dass der Malprozess für mich im Nachhinein präsent bleibt, der Verlauf des Pinselstrichs bleibt sichtbar, ebenso die Farbmenge, die sich mal dichter, mal offener auf der Bildfläche abbildet. Dabei spielt der Zufall eine große Rolle, denn der Akt des Malens ist von vielen Unwägbarkeiten begleitet.
Das Ergebnis ist meist anders als erwartet, überraschend, manchmal fremd.

Was möchtest Du mit deinen Arbeiten erreichen?

Farbig zu denken, für mich und für diejenigen, die meine Bilder betrachten.
Aber auch Freude beim Betrachten aufgrund der Schönheit und Leuchtkraft der lichtdurchströmten Farbe.

Wie bist Du zur Enkaustik gekommen und was gefällt Dir an dieser Technik?

Enkaustik bedeutet Wachsmalerei und ist eine sehr alte Maltechnik, die schon in der Antike benutzt wurde. Dabei wird Wachs erhitzt und mit Pigmenten oder Ölfarben vermischt. Mich begeistert an der Malerei mit Bienenwachs die besondere Materialität: der Wachsaufstrich nimmt Raum ein, hat eine gewisse Körperlichkeit, ist lichtdurchlässig, leicht elfenbeinfarbig, hat einen besonderen natürlichen Glanz und duftet. Die Lichtdurchlässigkeit von Wachs bewirkt die große Leuchtkraft der zugefügten Farben, ähnlich wie bei einem Aquarell.
Es gibt einige Künstler und Künstlerinnen, die Wachs als Bindemittel verwenden oder verwendet haben, doch ich bin durch die Arbeit einer Bildhauerin, die Bienenwachs für ihre Modelle benutzte, auf dieses besondere Material aufmerksam geworden und habe es zunächst in kleinen Mengen in meine Ölbilder auf Leinwand eingefügt. Mit der Zeit merke ich, dass dieses Malmittel so eigenständig ist, dass ich es besser pur verwende und es nicht in den Dienst einer abbildenden Malerei stelle.

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Sybille Pattscheck: Farblichtung No 4 (Grün) und Farblichtung No 8 (Orange leuchtet über Gelb), 2023
jede Arbeit 100 x 60 x 6 cm, Enkaustik auf Acrylglas

Gibt es Farben oder Farbgruppen, die sich besonders gut für Enkaustik eignen?

Im Prinzip lassen sich alle hitzeverträglichen Pigmente verarbeiten. In meiner Malerei bevorzuge ich jedoch die Farben des Lichtspektrums, also eher reine, leuchtende Farben, ich möchte ja farbige Lichträume schaffen.

Welche Dinge aus Deiner Umwelt beeinflussen Deine Farbwahl?

Meine Farbwahl wird sicherlich indirekt beeinflusst durch die Farben meiner näheren Umgebung, der Landschaft, in der ich lebe mit den jeweiligen Lichtstimmungen dort, der Farben des Himmels, insbesondere die Feinabstufungen der Himmelsfarben von Blau-grau über Rosé, aber auch das, was ich sehe, wenn ich im Atelier aus dem Fenster schaue, die Nuancen der Grüntöne in den Pflanzen. Darüber hinaus spielt aber auch die innere Gestimmtheit mit, hervorgerufen durch Nachrichten, Lektüre, Freunde, Begegnungen.

Zu welcher Tageszeit kannst Du am besten arbeiten?

Am Nachmittag, früher Abend, wenn ich inspiriert bin.

Wie wäre der „ideale“ Ausstellungsraum für Dich?

Der ideale Ausstellungsraum wäre ein heller, lichtdurchfluteter Raum, ohne starke Sonneneinstrahlung, wobei Innenraum und Außenraum in spannungsvoller Beziehung stehen.

Welche Künstlerin oder welcher Künstler gefällt Dir momentan besonders gut?

Das sind die großen reinschwarzen Bilder von Pierre Soulages, der alle Farben im Schwarz vereint fand. Als Malerin bewundere ich aber auch die konsequent auf die Farbe Weiß reduzierten Gemälde von Robert Ryman. Beide Maler überzeugen mich durch ihre Konsequenz und Sensibilität. Sie bieten dem Betrachter die Gelegenheit „farbig zu denken“.

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Sybille Pattscheck: Farblicht magenta-grün, 115 x 115 x 5 cm, Enkaustik auf Acrylglas, 2022

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